Bei einem Arbeitsunfall hat der Geschädigte nicht nur einen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer. Auch die Berufsgenossenschaft kommt für den Schaden im Rahmen der gesetzlich geregelten Sozialleistungen auf. Soweit die Ansprüche auf denselben Schadensausgleich gerichtet sind, gehen die Schadenersatzansprüche des Geschädigten auf die Berufsgenossenschaft über (§ 116 SGB X), sodass der Geschädigte nicht doppelt entschädigt werden kann.
Anders ist die Situation bei einem Arbeitsunfall, wenn ArbeitskollegInnen oder der Arbeitgeber (z. B. bei Missachtung von Arbeitsschutzbestimmungen) den Schaden verursacht haben. Hier sind Schadenersatzansprüche infolge von Personenschäden ausgeschlossen und der Betroffenen kann sich nur an die Berufsgenossenschaft halten. Auch ein Schmerzensgeld scheidet dann aus.
Dieser Haftungsausschluss betrifft auch Situationen, in denen der Schädiger aus dem Kreis der Mitarbeiter einer anderen Firma stammt. Der Haftungsausschluss setzt dann voraus, dass der Schädiger mit dem Geschädigten eine Tätigkeit auf einer "gemeinsamen Betriebsstätte" ausgeübt hat (§ 106 SGB VII). Entscheidend ist, dass die betriebliche Aktivität bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreift, miteinander verknüpft ist, sich ergänzt oder unterstützt. Dem liegt die Idee einer Gefahrengemeinschaft zugrunde. Eine Gefahrengemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass typischerweise jeder der (in enger Berührung miteinander) Tätigen gleichermaßen zum Schädiger und Geschädigten werden kann (BGH 22.01.2013 - VI ZR 175/11). Daran fehlt es, wenn von vornherein Aufgabenbereiche bestehen, bei denen nur der Geschädigte nicht aber der Schädiger den typischen Gefahren ausgesetzt ist, die sich im Arbeitsunfall verwirklicht haben.
Der Betriebsinhaber der Fremdfirma ist nicht automatisch durch den Haftungsausschluss privilegiert. Nur wer selbst in Person tätig wird, kann im Sinne einer Gefahrengemeinschaft gleichermaßen zum Schädiger und zum Geschädigten werden (BGH 22.01.2013 - VI ZR 175/11).
Der Inhaber des fremden Betriebs haftet allerdings nur, wenn ihn eine eigene Verantwortlichkeit zur Schadensverhütung trifft, etwa die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Dabei kann seine Haftung begrenzt sein, wenn der (auch) schadensverantwortliche Mitarbeiter von dem Haftungsausschluss profitiert. Der Geschädigte muss sich dann von seinem - allein dem Betriebsinhaber gegenüber bestehenden - Schadenersatzanspruch den Mitverantwortungsteil des haftungsprivilegierten Mitarbeiters abziehen lassen (BAG 11.11.2003 - VI ZR 13/03).